Eng bei den Landwirten

Digitalisierung in landwirtschaftlichen Betrieben

Interview mit Prof. Klaus Josef Lutz, Vorstandsvorsitzender der BayWa AG

Landwirtschaftliche Betriebe sind durch die Digitalisierung schon seit vielen Jahren mit großen Veränderungen konfrontiert. Gegründet 1923, prägte die BayWA mit ihren Handelshäusern über Jahrzehnte viele bayerische Gemeinden. Das ändert sich gerade. Die TiB sprach mit Prof. Klaus Josef Lutz über die Veränderungen in landwirtschaftlichen Betriebe durch die Digitalisierung. Nachfolgend erfahren Sie mehr über die Schwerpunkte der BayWa sowie über zukünftige Pläne und Ziele hinsichtlich Smart Farming.

Technik in Bayern: Die BayWa ist ein wichtiger Lieferant von Land- und Agrartechnik an die Landwirte. Wie ist deren Bedeutung im Gesamtkonzern?

Prof. Klaus Josef Lutz: Die Schwerpunkte der BayWa sind die Segmente Agrar, Energie und Baustoffe. Die BayWa ist im Agrarbereich ein Vollsortimenter und da spielt die Technik aus zwei Gründen eine ganz wichtige Rolle. Zum einen, weil der Landwirt von uns erwartet, dass wir gute Produkte anbieten. Zum anderen ist die Landtechnik ein Treiber der Digitalisierung, die in Teilen sogar viel weiter als andere Industrien ist. Insofern ist die Landtechnik nicht nur ein integraler, sondern ein wichtiger Unternehmensteil. Der Umsatz der Techniksparte beträgt in etwa 10 % des Gesamtkonzerns und das Einzige, was mir hier Sorgen macht, sind – trotz guter Umsätze – die geringen Margen. Daran müssen wir gemeinsam mit den Herstellern arbeiten. Und wir müssen bei den Dienstleistungen und Services für den Landwirt noch besser und innovativer werden.

Mit der BayWa Tochter FarmFacts bieten wir Lösungen für den Digitalisierungsprozess auf den Höfen. Das ist für uns eine wesentliche Voraussetzung für die Gestaltung der Zukunft und das sehe ich positiv. Wir haben bereits eine große Investition in Form einer Firmenübernahme gemacht und kooperieren mit wichtigen Partner wie der ESA. Es wird zukünftig auch hier nicht ohne Internationalisierung gehen. Das ist für Landwirte, die sehr konservativ und auf persönliche Beziehungen fokussiert sind, eine schwierige Umgewöhnungsphase.

TiB: Ursprünglich gab es in jedem Landkreis mindestens eine BayWa-Werkstatt. Heute sind viele geschlossen – wie wird das in Zukunft aussehen?

Prof. Lutz: Natürlich müssen wir zuerst einmal wirtschaftlich denken. Das Besondere an der BayWa ist, dass wir, obwohl ein börsennotiertes Unternehmen, durchaus dem genossenschaftlichen Gedanken verpflichtet sind. Das heißt: Für alle Standorte – und das betrifft auch den Getreidehandel, das Betriebsmittelgeschäft, den Heizölhandel und noch vieles mehr – werden in Zukunft Faktoren wie der Onlinehandel, die Onlineberatung rund um die Uhr bis hin zu mobilen Serviceteams, die es z.B. bei der Stalltechnik schon gibt, noch wichtiger werden.

TiB: Auf dem letzten Zentrallandwirtschaftsfest in München gab es einen BayWa-Schwerpunkt „Smart Farming“. Was sind Ihre kurz- und die langfristigen Ziele?

Prof. Lutz: Wir haben hier – wie auch schon auf der Agritechnica – der Branche gezeigt, was wir können und vor allen Dingen, wie ernst wir es mit der Herstellerunabhängigkeit meinen. Unser Zielsetzung lautet: Wir machen Digital Farming für jede Betriebsgröße. Das bedeutet, dass wir Smart Farming auf möglichst viele Äcker bringen wollen. Wenn wir alles aufaddieren, was im Zusammenhang mit der Digitalisierung bei uns passiert – also was wir verkaufen, wo wir beraten, was wir installieren –, kommen wir auf 150 – 160 Mio. Euro Umsatz, Traktoren und Anbaugeräte, die digitale Features nutzen, mit eingeschlossen. Wir sind da schon ein ernstzunehmender Player

TiB: Wie war die Resonanz der Landwirte?

Prof. Lutz: Unser großer Vorteil ist, dass wir seit 94 Jahren eng mit den Landwirten verbunden sind und großes Vertrauen genießen. Dieses Vertrauen ist zusammen mit Solidität und Innovation eines unserer Markenelemente, und wir gehen sehr sorgsam damit um.



Wir gehen davon aus, dass rund ein Drittel der Landwirte ganz konkret über Investitionen in diesem Bereich nachdenkt. Hier steht die ganz klassische Agrarmanagement-Software, um den Betrieb zu verwalten, im Vordergrund. Aber es geht auch schon sehr stark in Richtung Wie nutze ich die Daten, um die Prozesse in meinem Betrieb zu optimieren? Und nicht zuletzt haben wir das sehr erfolgreiche Programm der Teilflächenspezifischen Feldbewirtschaftung. Insgesamt sind wir mit der Resonanz der Landwirte sehr zufrieden, auch wenn die direkt erwirtschafteten Umsätze mit Software und digitalen Services derzeit noch überschaubar sind.

TiB: Trotz Nutzung fortschrittlichster Technik sind Landwirte allgemein eher konservativ ausgerichtet. Wie wollen Sie ihnen Smart Farming, Cloud und Datensicherheit vermitteln und garantieren?

Prof. Lutz: Das ist ein ganz wichtiges Thema. Der Landwirt erwartet von uns solides, vertrauenswürdiges und innovatives Arbeiten. Und nachdem es die absolute Datensicherheit nicht gibt, greifen wir ganz bewusst nicht auf Finanzdaten, Steuerunterlagen oder andere sensible Informationen zu. Das ist und bleibt bei uns absolut getrennt und hat mit unseren Lösungen nichts zu tun. Natürlich müssen wir Vorkehrungen treffen, d.h. unsere Server müssen in Deutschland stehen und wir müssen immer state of the art sein, um Attacken abzuwehren.

TiB: Smart Farming wird nur dann funktionieren, wenn Sie den Landwirt mit seinen Daten nicht alleine lassen. Gibt es Bemühungen in diese Richtung?

Prof. Lutz: Ja, aber wir müssen Smart Farming nicht über die Maschinen, sondern über den Pflanzenbau definieren. Hier können wir dem Landwirt anhand der Technologien zeigen, welchen Nutzen er davon hat. Das Ziel ist eine Rundum-Sorglos-Lösung, die wir als BayWa anbieten und die wir auch in der Praxis testen.

Das Interview führten Prof. Hermann Auernhammer und Silvia Stettmayer

Über die BayWa

Die BayWa (Bayerische Warenvermittlung landwirtschaftlicher Genossenschaften) wurde 1923 gegründet und ist heute ein weltweit tätiger Handelskonzern. Hauptsitz der Muttergesellschaft ist München. Weitere Informationen unter www.baywa.com.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2017 Januar/Februar