Effektives Plastik-Recycling

Beitrag von Christoph Woehnl, Hamamatsu Photonics GmbH, Herrsching

Die Entsorgung von immer mehr Plastikmüll ist eines der großen Probleme, mit denen sich die Menschheit befassen muss. Mit Plastik-Recycling versucht man bereits, diesem Problem entgegenzuwirken. Um Kunststoff jedoch effektiv recyclen zu können, ist es notwendig, die Inhaltsstoffe zu identifizieren. Für die Detektion ist vor allem der Wellenbereich relevant, um Unterschiede zwischen Materialien erkennen zu können. Im Beitrag wird daher ein Infrarot-Bildsensor für Hyperspektralkameras vorgestellt, der mit einer Wellenlänge von 2,55 µm die Messgenauigkeit verbessert.

Industrieländer in der Verantwortung

Im Mai 2019 wurde nach Zustimmung von ca. 180 Ländern eine Ergänzung der Basler Konvention zur Regulierung von grenzüberschreitendem Transport und Behandlung giftiger Abfälle beschlossen. Ziel dieser Ergänzung war es, den Export und Import von Plastikmüll in die Konvention mit einzuschließen. Dies erregte große Aufmerksamkeit, weil es die Verantwortung der Industrieländer betrifft, die sich auf Drittländer zur Müllentsorgung verlassen. Die Reduzierung von Plastikmüll ist ein dringendes Problem der ganzen Menschheit.

Hyperspektrale Bildgebung verbessert die „Messgenauigkeit“ von Plastik

Der Schlüssel zu effektivem Plastik-Recycling ist die Identifizierung der Inhaltsstoffe. Derzeit wird viel Plastikmüll klein geschreddert und anschließend in seine Bestandteile getrennt.

Viel Aufmerksamkeit erregte in letzter Zeit das in diesem Prozess eingesetzte „hyperspektrale Imaging“, das Unterschiede in den Plastikpartikeln unter Infrarotbeleuchtung erkennt. Bei dieser Methode werden Spektralinformationen auf Pixelebene simultan zur Bewegung des Zielobjektes gemessen. So werden mittels hyperspektralem Imaging Materialien identifiziert und klassifiziert, die auf den ersten Blick schwer zu unterscheiden sind. Wie bei normalen Zeilenkameras wird die Probe während ihrer Bewegung gescannt. Das einfallende Licht fällt durch einen Spalt, wird durch ein Gitter oder Prisma in Y-Richtung gestreut und von einem Flächenbildsensor detektiert.

Da verschiedene Plastiksorten im Infrarotbereich Spektren mit spezieller Charakteristik aufweisen, erlaubt eine Hyperspektralkamera mit eingebautem Infrarot-Flächenbildsensor eine höchst präzise Identifizierung

Brandverzögerer in Plastik: Identifizierung durch langwelligen Infrarot-Bildsensor

Wellenlängen von bis zu 2,55 µm zur Detektion

Bisher wurden Indiumgalliumarsenid (InGaAs) Bildsensoren hergestellt, die infrarotes Licht im Spektralbereich von bis zu 1,7 µm detektieren können. Jedoch war in diesem Wellenlängenbereich die Identifizierung von Plastik, das einen Brandverzögerer enthält, schwierig, da sich erst bei höheren Wellenlängen Unterschiede in den Spektren je nach Anwesenheit/Abwesenheit von Brandverzögerern zeigen.

So gab es den Bedarf an Sensoren, die Wellenlängen bis zu 2,4 µm detektieren können. Um diesen Marktbedarf zu decken, wurde zum Beispiel von Hamamatsu Photonics der G14674-0808W Bildsensor mit einer Cutoff-Wellenlänge von 2,55 µm entwickelt – derzeit die langwelligste in einem InGaAs Bildsensor. Dafür wurde die Photodiode nicht nur weiterentwickelt, um langwelligeres Licht detektieren zu können, sondern zusätzlich die Ausleseelektronik verbessert, um einen niedrigeren Dunkelstrom und höhere Geschwindigkeiten zu erreichen.

Die Integration dieses Sensors in eine Hyperspektralkamera vergrößert die Zahl wiederverwertbarer Stoffe, die getestet werden können und regt zur Verbesserung der Recyclingrate an.

Erweiterter Spektralbereich auch für weitere Anwendungen interessant

Neben dem Screening von Plastikmüll wird hyperspektrales Imaging auch in der Lebensmittel-, pharmazeutischen wie auch chemischen Analyse und weiteren Anwendungsgebieten eingesetzt. Die Möglichkeiten sind endlos.

Mit der Entwicklung von Bildsensoren für den Infrarotbereich gibt es wachsende Erwartungen, dass diese Technik künftig auch in Anwendungen eingesetzt werden kann, die in der Vergangenheit schwierig waren, wie z. B. der Erosionskontrolle von Betonbauten oder zur Identifizierung von Tabletten.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2020 Mai/Juni