Schadstoffemissionen: Grenzwerte mit Schwarmintelligenz überwachen

Beitrag von Wolfgang Angelkötter und Bernhard Thull, TÜV SÜD Industrie Service GmbH

Neue, kostengünstige Sensoren ermöglichen eine flächendeckende Überwachung der Luftreinheit. Aber liefern Smartphone-Gadgets oder Selbstbaukits valide Ergebnisse zu Schadstoffbelastungen? TÜV SÜD hat untersucht, wie verlässlich vernetzte, sensorbasierte Systeme sind und wie KI helfen kann, die Luftqualität zu überwachen.

Verunreinigte Atemluft

Verschiedene Faktoren beeinflussen die Qualität unserer Atemluft und haben damit entscheidenden Einfluss auf unsere Gesundheit. Waldbrände, Vulkanausbrüche oder die Staubverfrachtung aus der Sahara sind natürliche Ursachen für Verunreinigungen. Dazu kommen anthropogene, sprich menschengemachte Immissionen etwa aus dem Straßenverkehr, der Industrie oder der Verbrennung fossiler Rohstoffe für Strom und Heizenergie.

Luftmessstationen zur Überwachung der Luftqualität

Bereits im Jahr 1300 wurde den Schwarzschmieden in Zwickau das Betreiben ihrer Schmieden innerhalb der Stadtmauer wegen der Emissionen verboten. Eine der größten Smogkatastrophen ereignete sich 1952 in London. Wegen der extremen Luftverschmutzung bekamen zehntausende Menschen Atemprobleme, an denen tausende starben. Anfang der 1980er Jahre starben ganze Teile des bayrischen Waldes aufgrund sauren Regens.

Heute gelten deshalb Grenzwerte für die Schadstoffbelastung. Ihre Überwachung ist in Europa einheitlich, verbindlich geregelt. In Deutschland wird die Luftqualität von einem Verbund von Luftmessstationen überwacht – den Luftgütemessnetzen der Länder. In Städten, Ballungsräumen, Gebieten mit hoher Verkehrsdichte und ländlichen Regionen überwachen die Messstationen die Luftqualität in kleinräumigen Zonen. Das Umweltbundesamt (UBA) sammelt die Daten, fasst sie zusammen und gibt sie an die EU weiter. Zudem sichert das UBA mit dem nationalen Referenzlabor die Qualität der Messwerte.

Heute gelten deshalb Grenzwerte für die Schadstoffbelastung. Ihre Überwachung ist in Europa einheitlich, verbindlich geregelt. In Deutschland wird die Luftqualität von einem Verbund von Luftmessstationen überwacht – den Luftgütemessnetzen der Länder. In Städten, Ballungsräumen, Gebieten mit hoher Verkehrsdichte und ländlichen Regionen überwachen die Messstationen die Luftqualität in kleinräumigen Zonen. Das Umweltbundesamt (UBA) sammelt die Daten, fasst sie zusammen und gibt sie an die EU weiter. Zudem sichert das UBA mit dem nationalen Referenzlabor die Qualität der Messwerte.

Messgeräte für jedermann

Neben ortsgebundenen Messstationen ist es möglich, mit mobilen Geräten temporäre Messnetze zu realisieren. So können auch kleinflächigere Immissionen beurteilt werden. Viele Menschen wollen jedoch darüber hinaus die Luftqualität in ihrer unmittelbaren Umgebung kennen – sei es in der eigenen Wohnung oder dem direkten Umfeld.

Die von Bund und Ländern eingesetzte Messtechnik ist hochpräzise und technisch komplex, teuer in der Anschaffung und benötigt für den Betrieb und die Wartung Experten. Solche Anlagen sind also kaum für den privaten Einsatz geeignet. Allerdings gibt es heute durchaus kostengünstige Sensoren, die auch Privatpersonen nutzen können.

Zahlreiche Hersteller führen Geräte mit einer großen Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten:

  • Laserbasierte Sensoren zur Feinstaubmessung gibt es bereits ab rund 30 Euro und im Internet finden sich Bauanleitungen für private Messstationen.
  • IoT-gestützte Systeme zur Innenraumüberwachung detektieren etwa Radon, CO₂ und flüchtige organische Verbindungen (TVOCs).

Gemeinsam ist diesen Geräten in der Regel eine hohe Messfrequenz. Die Anbieter heben sich häufig durch die Art der Datenverarbeitung und -übertragung ab. Außerdem gibt es Geräte, die für spezielle Anwendungen konzipiert sind, wie etwa der Montage am Fahrrad.

Solche Sensoren können ihre Messergebnisse automatisch ins Internet übertragen, wo sie visualisiert werden. Einige Anbieter sammeln diese Daten und erstellen daraus eine Karte, die in Echtzeit und hochauflösend die Luftqualität abbildet. Um eine ausreichende Datenqualität erreichen zu können sind dafür jedoch Kenntnisse über die Sensorqualität, die Genauigkeit der Kalibrierung, sowie die präzisen Standorte der Sensoren nötig.

Auswahl der passenden Messstation: Quantität statt Qualität?

Für einen validen Vergleich und ein aussagekräftiges Gesamtbild sind Standards notwendig. Welche Schadstoffimmissionen müssen erfasst werden? Welche Messgenauigkeit ist erforderlich? Welche Grenzwerte sind zu überwachen? Und nicht zuletzt: Können die, im Vergleich zu den amtlichen Messstationen, technisch und preislich limitierten Geräte überhaupt eine ausreichende Messqualität gewährleisten?

Epidemiologische und toxikologische Studien zeigen, dass nicht allein die Konzentration aller Staubpartikel in der Luft erfasst und bewertet werden sollte, sondern auch feine und ultrafeine Staubpartikel, da insbesondere diese zu gesundheitlichen Belastungen führen können. Feine Staubpartikel etwa gelangen über den Kehlkopf hinaus in die Lunge und können dort je nach Größe und Zusammensetzung gesundheitsschädigende Wirkungen hervorrufen.

Feinstäube werden anhand ihres Durchmessers in drei Kategorien unterteilt:

  • inhalierbarer Feinstaub PM10,
  • lungengängiger Feinstaub PM2,5
  • und ultrafeine Partikel UP.

Der Index bei PM (englisch particulate matter) bezeichnet die Partikelgröße. Unter PM10 verstehen wir Partikel mit einem Durchmesser kleiner gleich 10 µm und unter PM2,5 Partikel kleiner gleich 2,5 µm.

Präzision der Messsysteme

Im Rahmen eines internen Pilotprojekts hat TÜV SÜD preiswerte wie auch höherwertige Geräte mit einem eignungsgeprüften Messsystem verglichen, wie es in der Immissionsüberwachung üblich ist. Die Präzision der Sensoren zeigte dabei eine große Spannweite. Teurere Geräte lieferten zwar stabilere Messwerte, wiesen aber immer noch deutliche Abweichungen zu den Referenzmessungen auf. Die systematische Abweichung hat dabei einen nicht unwesentlichen Anteil. Hier liegt noch Potential zur Minderung der Messungenauigkeit durch eine Optimierung der Kalibrierung und Qualitätssicherung.

Einflüsse bei der Feinstaubmessung

Unter anderem beeinflusst Luftfeuchte die Feinstaubmessungen. Die Aussagekraft der Messergebnisse hängt also davon ab, wie diese Einflüsse minimiert werden. Bei der Messung von gasförmigen Luftverunreinigungen wie Stickstoffdioxid (NO₂) gibt es alternativ zu den teuren, eignungsgeprüften Messgeräten elektrochemische Sensoren. Aktuelle Geräte lieferten im Bereich der Grenzwerte durchaus eine akzeptable Genauigkeit. Aber auch hier ist der Einfluss der Umgebungsbedingungen zu berücksichtigen. Die Analysefunktion der Sensoren ändert sich zudem durch Verschmutzung und, gerade bei elektrochemischen Sensoren, durch Alterung. In der Regel nimmt die Anzeigeempfindlichkeit mit der Einsatzzeit ab.

Aussagekraft evaluiert

Die Aussagekraft steht und fällt mit der Qualitätssicherung der Messwerte. Nur korrekt kalibrierte und regelmäßig gewartete und kontrollierte Geräte liefern belastbare Ergebnisse. Weitere systematische Untersuchungen sind zwingend notwendig, um Standards in der Luftüberwachung mittels Sensorik zu erarbeiten.

Die Zukunft der kleinräumigen Luftqualitätsüberwachung sind sensorbasierte Systeme. Selbst unter Beachtung der Messunsicherheit der bisher verfügbaren Geräte ergibt sich schon heute ein auf Schwarmintelligenz basierender Gesamteindruck und künstliche Intelligenz kann bereits aus nicht flächendeckenden Messwerten kleinräumige Berechnungen realisieren. TÜV SÜD sieht hier Innovationspotential und wird die Entwicklung weiter begleiten.

Überwachung der Luftqualität: EU-Richtlinie 2008/50/EG

Das Bayerische Landesamt für Umweltschutz überwacht an über 50 Messstationen die Luftqualität (LÜB – Lufthygienisches Landesüberwachungssystem Bayern). Sie erfassen unter anderem die Konzentrationen der Luftschadstoffe Feinstaub, Ozon und Stickstoffoxide. Die wichtigste Grundlage ist die EU-Richtlinie aus dem Jahr 2008 (2008/50/EG) über Luftqualität und saubere Luft für Europa und Tochterrichtlinien. Sie wurde mit der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen, 39. BImSchV) in Deutschland in nationales Recht umgesetzt. Sie regelt den Umfang der Überwachung, wie minimale Anzahl und Lage von Luftgütemessstationen und Messkomponenten und legt zum Schutz der menschlichen Gesundheit u. a. Grenzwerte für die verkehrsbedingten Luftschadstoffe Stickstoffdioxid (NO₂) und Feinstaub (PM10 und PM2,5) fest.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2020 Mai/Juni