Klimabilanz von Elektrofahrzeugbatterien

Ein Blick nach vorne

Beitrag von Anika Regett, M.Sc. und Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Mauch, Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) e.V.

Elektrofahrzeuge sind die große Hoffnung für das Erreichen der Klimaziele. Doch die Klimabilanz der Batterien, die für den Antrieb von E-Mobility-Fahrzeugen benötigt werden, wird derzeit kontrovers diskutiert. Wie klimafreundlich sind die  Elektrofahrzeuge wegen ihrer Batterien wirklich? Im Beitrag wird ein Überblick über die Erkenntnisse der derzeitigen Forschung gegeben und langfristige Prognosen für die Entwicklung von Elektrofahrzeugen angestellt.

Elektromobilität: die andere Seite der Medaille

Mit 27 % war der Verkehrssektor im Jahr 2016 für einen Großteil der energiebedingten CO₂-Emissionen in Deutschland verantwortlich [1]. Vor dem Hintergrund, dass die Emissionen im Verkehr in den letzten Jahren stagnieren [1], gewinnt die Elektromobilität für die Erreichung der Klimaziele zunehmend an Bedeutung. Jedoch werden die Vorteile von Elektrofahrzeugen im Betrieb, die sich aus der höheren Effizienz des Antriebsstranges ergeben, derzeit durch den Energieaufwand und den kritischen Rohstoffbedarf in der Batterieproduktion geschmälert [2].

Debatte um Elektrofahrzeugbatterien

Wie in [3] aufgezeigt, wird die Klimabilanz von Batterien derzeit kontrovers diskutiert. Ausgelöst wurde die Debatte durch die Metastudie eines schwedischen Instituts [4]. Dieser folgte eine Vielzahl an Studien und Artikeln, welche je nach Annahmen und Rahmenbedingungen zum Teil zu gegensätzlichen Ergebnissen kommen. Um für mehr Sachlichkeit in der Diskussion zu sorgen, hat sich die Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. (FfE) München im Rahmen des Projekts „Ressourcensicht auf die Energiezukunft“, das durch die Stiftung Energieforschung Baden-Württemberg und die Hans und Klementia Langmatz Stiftung gefördert wird, intensiv mit der Ressourcen- und Klimawirkung von Elektrofahrzeugbatterien über den gesamten Lebenszyklus beschäftigt.

Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über mögliche Potenziale in der Produktion- und Nutzungsphase gegeben, welcher auf den detaillierten Analysen in [2], [3] und [5] basiert.

Großes Verbesserungspotenzial in der Produktion

Unter Berücksichtigung der in [3] und dem dazugehörigen Begleitdokument dokumentierten Annahmen und Daten ergeben sich für die Batterieproduktion energiebedingte Treibhausgas (THG)-Emissionen in Höhe von 106 kg CO₂-Äq. je kWh produzierter Batteriekapazität. Dieser Wert gilt für ein Lithium-Ionen-Batteriesystem mit einer Nickel-Mangan-Kobalt (NMC)-Kathode [6], einen Strombedarf für die Batteriefertigung von knapp 50 kWh je produzierter kWh Batteriekapazität [7] sowie einen Emissionsfaktor von Strom von 0,9 kg CO₂-Äq./kWh. Dieser spiegelt den Anteil der batterieproduzierenden Regionen nach [8] wider und wird mit einem Anteil von knapp 50 % durch China dominiert.

Es zeigt sich, dass der Strombedarf in der Batteriefertigung (inklusive Zellen) mit ca. 40 % einen großen Anteil an der Klimabilanz hat. Der spezifische Strombedarf und die Emissionsintensität des verwendeten Stroms hängen jedoch stark von dem Maßstab und der Energieversorgung der Produktionsanlage ab.

Somit lässt sich, wie in der Abbildung 1 dargestellt, der CO₂-Fußabdruck der Batterieproduktion mit einer zunehmenden Bereitstellung des Stroms aus erneuerbaren Energien um fast die Hälfte reduzieren. Weiterhin zeigt diese Sensitivitätsanalyse, dass die Klimabilanz der Batterie wesentlich schlechter ausfällt, wenn der Strombedarf von Pilotanlagen angesetzt wird und nicht, wie in der vorliegenden Analyse, auf aktuellere Daten für industrielle Anlagen zurückgegriffen wird.

Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass zukünftig ein großes Potenzial zur Reduktion des CO₂-Fußabdrucks durch Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien in der Batterieproduktion besteht.

Transformation des Energiesystems

Und auch in der Nutzungsphase müssen zukünftige Entwicklungen in die Bewertung der Klimabilanz einfließen, da beispielsweise der zunehmende Ausbau erneuerbarer Energien zu einer weiteren Verbesserung des Vorteils von Elektrofahrzeugen im Betrieb führt. Dies wird anhand des in der Abbildung 2 dargestellten Vergleichs von konventionellen Verbrennungsfahrzeugen und batterieelektrischen Fahrzeugen der Kompaktklasse deutlich.

Unter Annahme der in [5] dokumentierten Eingangsdaten und Rahmenbedingungen, schneidet das Elektrofahrzeug (Batteriekapazität: 35,8 kWh) in allen gezeigten Fällen nach weniger als fünf Jahren besser ab als das Benzin- bzw. Dieselfahrzeug. Diesen Ergebnissen liegt eine Jahresfahrleistung von 13 257 km nach [9] zugrunde.

Weiterhin gilt es zu beachten, dass die dargestellten zehn Jahre den Mindestanforderungen nach [8] entsprechen, in der Praxis jedoch von längeren Lebensdauern auszugehen ist.

Zunehmende Verbesserung der Klimabilanz

Die Analyse verdeutlicht zudem, dass sich die sogenannte Amortisationsdauer erheblich nach vorne verschiebt, wenn die zukünftige Verbesserung des Emissionsfaktors von Strom über die Betriebszeit berücksichtigt wird. So reduziert sich die Amortisationsdauer des Elektrofahrzeuges beispielsweise von 3,3 auf 2,9 Jahre im Vergleich zu einem Benziner, wenn der Strommix aus dem Jahr 2020 nicht als über die Betriebsdauer konstant angesetzt wird, sondern stattdessen die Reduktion des Emissionsfaktors von Strom gemäß den Dynamis-Startszenarios [10] Berücksichtigung findet.

Wie das Szenario einer Anschaffung im Jahr 2030 zeigt, ist zukünftig mit einer weiteren Verbesserung der Klimabilanz zu rechnen. Zudem kann der Vorteil des Elektrofahrzeugs, wie in [5] aufgezeigt, durch ein optimiertes Lademanagement weiter verstärkt werden.

Fazit

Zur Erreichung der Klimaziele stellen Elektrofahrzeuge einen wichtigen Baustein im zukünftigen Energiesystem dar. Aufgrund des Ressourcen- und Energiebedarfs der Batterie ist der CO₂-Fußabdruck  für die Produktion eines batterieelektrischen Fahrzeugs zunächst höher als der eines Verbrennungsfahrzeugs. Dieser Mehraufwand wird jedoch bereits nach wenigen Jahren durch die größere Effizienz des Elektrofahrzeugs im Betrieb ausgeglichen. Ab diesem Zeitpunkt führt der Vorteil des Elektrofahrzeugs in der Nutzungsphase mit jedem weiteren gefahrenen Kilometer zu einer Verbesserung der relativen Klimabilanz gegenüber einem Diesel- oder Benzinfahrzeug.

Der Blick nach vorne zeigt, dass sowohl in der Produktion als auch im Betrieb erhebliche Verbesserungspotenziale durch Energieeffizienz und erneuerbare Energien bestehen. Die Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen wie Elektrofahrzeugen, die in einem zukünftigen Energiesystem interagieren, kann somit nicht nur aus heutiger Sicht erfolgen, sondern sollte eine zukünftige Perspektive über den gesamten Lebenszyklus berücksichtigen.

Literatur

[1] Pichlmaier, S. et al.: Development of Application-Related Emissions in the Course of the German Energy Transition. In: IEWT 2019 11. Internationale Energiewirtschaftstagung. Wien: TU Wien, 2019.
[2] Regett, A. et al.: Environmental Impact of Electric Vehicles: Potential of the Circular Economy. In: Der Antrieb von morgen 2019 (S. 121-140). Wiesbaden: Springer Vieweg, 2019.
[3] Regett, A. et al.: Klimabilanz von Elektrofahrzeugen – Ein Plädoyer für mehr Sachlichkeit. München: Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V., 2018.
[4] Romare, M.; Dahllöf, L.: The Life Cycle Energy Consumption and Greenhouse Gas Emissions from Lithium-Ion Batteries – A Study with Focus on Current Technology and Batteries for light-duty vehicles. Stockholm: IVL Swedish Environmental Research Institute, 2017.
[5] Fattler, S.; Regett, A.: Environmental Impact of Electric Vehicles: Influence of Intelligent Charging Strategies. In: Grid Integration of Electric Mobility 2019; München: Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V., 2019.
[6] BatPac Version 3.1. Lemont: Argonne National Laboratory (ANL), 2017.
[7] Dai, Q. et al.: Update of Life Cycle Analysis of Lithiumion Batteries in the GREET Model. Lemont: Argonne National Laboratory (ANL), 2017.
[8] Thielmann, A. et al.: Energiespeicher-Roadmap (Update 2017) – Hochenergie-Batterien 2030+ und Perspektiven zukünftiger Batterietechnologien. Karlsruhe: Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI, 2017.
[9] Kurzbericht – Verkehr in Kilometern, Jahr 2017. Flensburg: Kraftfahrt-Bundesamt, 2018.
[10] Böing, F.; Regett, A. (2019). Hourly CO2 Emission Factors and Marginal Costs of Energy Carriers in Future Multi-Energy Systems. Energies, 12(12), 2260, 2019

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2020 Mai/Juni