Was ist Umwelttechnologie?

Beitrag von Prof. Dr. Dipl.-Ing. Manuela List und Prof. Dr.-Ing. Philipp Keil, Technische Hochschule Rosenheim Campus Burghausen

Umwelttechnologie ist für zahlreiche Bereiche von hoher Relevanz - doch was ist darunter zu verstehen und welche Bereiche umfasst diese Technologie? Im nachfolgenden Beitrag beantworten Prof. Dr. Dipl.-Ing. Manuela List und Prof. Dr.-Ing. Philipp Keil diese Frage und stellen neben den wesentlichen Teilbereichen der Umwelttechnologie auch unterschiedliche Verfahren vor. Zudem wird ein Ausblick über die zukünftigen Chancen von Green-Tech-Firmen in Deutschland gegeben und der neue Studiengang im Bereich Umwelttechnologie der Technischen Hochschule Rosenheim vorgestellt.

Meilensteine der globalen Klima- und Umweltpolitik

Das Pariser Klimaschutzabkommen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen und die UN-Agenda 2030, in der 17 Ziele einer nachhaltigen Entwicklung in den Dimensionen Soziales, Umwelt und Wirtschaft verankert sind, stellen wesentliche Meilensteine in der globalen Klima- und Umweltpolitik dar.

Zur Erreichung der in diesen und zahlreichen nationalen Abkommen gesteckten Ziele im Umwelt- und Klimaschutz – unter Berücksichtigung einer effizienten und nachhaltigen Nutzung der zur Verfügung stehenden Ressourcen – sind innovative Produkte, Dienstleistungen und Technologien zum Schutz der Umwelt und zur Minimierung des Ressourcenverbrauchs notwendig.

Diese werden unter dem Begriff der „Umwelttechnologie“, synonym auch „GreenTech“ oder „CleanTech“ bezeichnet, zusammengefasst, der sowohl Umwelt-(schutz)technik als auch Ressourceneffizienz umfasst. Wesentliche Teilbereiche lassen sich in sechs GreenTech-Leitmärkte der Umwelttechnik und Ressourceneffizienz einteilen (siehe Abbildung 1, [1]).
 

Umwelttechnologie: Eine diversifizierte Querschnittsbranche

Diese Bereiche zeigen, dass sich die Umwelttechnologie ausgehend von der Umweltschutztechnik zu einer diversifizierten Querschnittsbranche entwickelt hat, die in nahezu allen Sektoren der Wirtschaft wirkt, beispielsweise:

  • in der chemischen und pharmazeutischen Industrie,
  • im Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbau,
  • der Energiewirtschaft,
  • Baubranche,
  • kommunalen Ver- und Entsorgung
  • sowie im Bereich Logistik, Transport und Mobilität.

Bereiche der Umwelttechnik

Der Teilbereich Umwelttechnik umfasst technische Verfahren, Maßnahmen und Methoden zur Verringerung der Umweltbelastung und zur Wiederherstellung bereits geschädigter Ökosysteme.

Klassische Beispiele sind Verfahren zur Verminderung von Emissionen in der Luft und in Gewässern, zur umweltgerechten Entsorgung von Abfällen und Reststoffen, Maßnahmen zum Boden- und Strahlenschutz, aber auch die Umweltmesstechnik zur notwendigen qualitativen und quantitativen messtechnischen Erfassung umweltrelevanter Emissionen, zur Analyse von Schadstoffen und Grenzwertüberwachung.

Additive und integrierte Umweltschutztechnik

Typischerweise wird zwischen additiver und integrierter Umweltschutztechnik unterschieden [2].

Beim additiven Umweltschutz werden auftretende Umweltbelastungen, beispielsweise in einem Produktions- oder Verbrennungsprozess entstehende Schadstoffe, erfasst und durch geeignete nachgeschaltete technische Maßnahmen („end-of-pipe“-Technologien) minimiert. Ein alltägliches Beispiel ist die Emissionsminderung in Fahrzeugen mittels Katalysatoren bzw. Partikelfilter.

Der integrierte Umweltschutz hingegen verfolgt den weitergefassten Ansatz, die Entstehung von Umweltbelastungen durch geeignete Maßnahmen bereits im Prozess zu minimieren oder sogar vollständig zu vermeiden. Dazu ist eine ganzheitliche Betrachtung eines Prozesses oder Produktionsverfahrens von der Rohstoffbasis über die einzelnen Teilschritte bis hin zum Produkt notwendig.

Definition von Ressourceneffizienz

Ressourceneffizienz definiert sich nach VDI 4800 Blatt 1 als „das Verhältnis eines bestimmten Nutzens oder Ergebnisses zum dafür nötigen Ressourceneinsatz.“ Ressourcen bezogen auf Produkte können dabei sowohl natürliche Ressourcen, z. B. Wasser, Luft, erneuerbare oder nicht erneuerbare Primärrohstoffe, als auch technisch-wirtschaftliche Ressourcen, z. B. Personal, Betriebsmittel, Kapital, Wissen, sein.

Eine hohe Ressourceneffizienz bedeutet eine Maximierung des Nutzens, z. B. erzeugte Produkte oder bereitgestellte Dienstleistungen, bei einer Minimierung des dafür notwendigen Ressourceneinsatzes.

Eine nachhaltige Entwicklung ist unerlässlich

Die begrenzte Reichweite natürlicher Ressourcen, insbesondere Primärrohstoffe, einerseits und die Klimabelastungen durch Treibhausgase bei der Nutzung fossiler Energieträger machen es unabdingbar, das Wirtschaftswachstum und eine weitere Steigerung des Verbrauchs nicht-regenerativer Ressourcen zu entkoppeln, um eine nachhaltige Entwicklung bei gleichbleibend hoher Lebensqualität langfristig zu erreichen.

Die Umwelttechnologie trägt hier einerseits dazu bei, den Ausbau einer kreislauforientierten Wirtschaft („circular economy“), die alle Stufen der Wertschöpfungskette von Rohstoffen über Produktdesign, den Produktionsprozess bis zum Recycling umfasst, beschleunigt zu etablieren und so Wertstoffe im Wertschöpfungs-Kreislauf zu führen. Die Umwelttechnologie beinhaltet aber auch die für eine regenerative Erzeugung, effizienten Speicherung und Verteilung von Energie notwendigen Lösungen, einschließlich beispielsweise das Themenfeld Mobilität und Power-to-X-Technologien, die für eine erhebliche Reduzierung der CO2 -Emissionen notwendig sind.

7 % Wachstum bis 2025

Exzellente Chancen für in Deutschland ansässige Green-Tech-Firmen

Die GreenTech-Branche stellt mit einem prognostizierten Wachstum von jährlich knapp 7 % bis 2025 auf etwa 5.900 Mrd. Euro einen dynamisch expandierenden Wirtschaftszweig dar (siehe Abbildung 2).
 

Für Deutschland wird ein im Vergleich zur globalen Entwicklung noch höheres Wachstum von jährlich 8,8 % erwartet, woraus mehr als eine Verdoppelung des Marktvolumens von 347 Mrd. Euro (2016) auf 738 Mrd. Euro im Jahr 2025 resultiert [3]. Auch der Megatrend der Digitalisierung eröffnet für die GreenTech-Branche neue Möglichkeiten zur Entwicklung innovativer Produkte, Prozesse und Geschäftsmodelle der Umwelttechnologie, die die grüne Transformation in anderen Wirtschaftszweigen unterstützen und gleichzeitig zu einer weiteren Beschleunigung der Expansion der GreenTech-Branche beitragen.

Den in Deutschland ansässigen GreenTech-Firmen bieten sich durch den starken Heimatmarkt exzellente Chancen, auch durch den Export innovativer Umwelttechnologien an dem globalen Wachstumsmarkt überproportional zu partizipieren und zu einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung beizutragen. Das erfordert gleichzeitig eine hohe Verfügbarkeit entsprechend ausgebildeter Fachkräfte.

Breitgefächerte Studienangebote rund um Umwelttechnologie

Die Technische Hochschule Rosenheim legt mit neuem Angebot einen spezifischen Fokus

Studienangebote im Kontext der Umwelttechnik und Ressourceneffizienz sind entsprechend der fachlichen Diversität der Querschnittsbranche Umwelttechnologie breitgefächert, mit inhaltlichen Schwerpunkten beispielsweise in

  • Umweltverfahrenstechnik,
  • Umweltbiotechnologie,
  • regenerativer Energietechnik,
  • Energie- und Gebäudetechnologie  oder
  • energieeffizientem Bauen.

Eine Studienmöglichkeit, die neben der klassischen Umweltschutztechnik den Fokus insbesondere auf Technologien der stofflichen Kreislaufwirtschaft („circular economy“), des Recyclings und der Ressourceneffizienz unter Einbeziehung nachhaltiger Materialien, Prozesse und Fertigungsverfahren legt, bietet der zum Wintersemester 2020/21 am Campus Burghausen der Technischen Hochschulen Rosenheim neu eingeführte Bachelorstudiengang „Umwelttechnologie – Klimaschutz und Ressourceneffizienz“.

Weiterentwicklungen in der Umwelttechnologie und eine konsequente Umsetzung der technischen Lösungsansätze stellen eine grundlegende Notwendigkeit dar, um den aktuellen und künftigen globalen Herausforderungen im Bereich des Klima- und Umweltschutzes entgegentreten zu können und einen wesentlichen technologischen Beitrag zur Ressourcenschonung, dem Umwelt- und Klimaschutz und einem ebenso nachhaltigen wie sozialverträglichen Wachstum zu leisten und so letztlich eine lebenswerte Zukunft zu sichern.

Quellen

[1] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit: GreenTech made in Germany - Leitmärkte. 2020.
[2] K. Schwister (Hrsg.): Taschenbuch der Umwelttechnik, 2. Auflage, Hanser Verlag 2009.
[3] Roland Berger, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (Hrsg): GreenTech made in Germany 2018, 2017.

Erstmals erschienen in: TiB Ausgabe 2020 Mai/Juni